Mehr Evolution, weniger Disruption:

2025 heißt für Unternehmen weniger disruptive Veränderungen, mehr evolutionäres Wachstum. Mit Blick auf die gesellschaftliche Gesamtsituation, insbesondere mit dem Erstarken des Populismus, steigt der Druck nicht nur wirtschaftlich, sondern auch im Zwischenmenschlichen. Hier müssen Unternehmen verstärkt hinsehen. Es ist wichtiger denn je, Schlüsselpositionen mit Menschen zu besetzen, die den steigenden Anforderungen sowohl fachlich als auch menschlich gewachsen sind. KI kann dabei helfen.
1. Resiliente und selbstwirksame Midlevel-Leader aufbauen
Viele Menschen starten potenziell überlastet ins neue Jahr. Laut einer Gartner-Umfrage fühlen sich drei Viertel der HR-Manager:innen durch die wachsende Bandbreite ihrer Aufgaben überfordert. Besonders der Aufbau und die Entwicklung des mittleren Managements bleiben oft auf der Strecke. Dabei sind gerade die „Midlevel Leader“ zentrale Akteure, um notwendige Neuerungen anzustoßen, zu kommunizieren und Mitarbeitende mitzunehmen.
2025 sollten Unternehmen den Fokus verstärkt auf die Entwicklung von Führungskompetenzen legen. KI-Technologien können hierbei unterstützen, indem sie spezifische Eigenschaften wie unternehmerisches Denken, Resilienz oder Optimismus bei Mitarbeitenden analysieren und daraus gezielte Lern- und Entwicklungsprogramme ableiten.
2. Investition in HR Tech, die langfristig wirkt
Mehr als die Hälfte der HR-Verantwortlichen gibt an, dass die derzeitigen Technologien weder heutigen noch zukünftigen Anforderungen gerecht werden. Dabei sollte der Fokus nicht nur auf Effizienz liegen, sondern darauf, HR-Mitarbeitende bei ihrer Entwicklung zu unterstützen.
Ein Umdenken ist erforderlich: Investitionen in smarte Technologien sollten darauf abzielen, die transformative Rolle von HR zu stärken. Der Gartner-Hype-Zyklus zeigt, dass Technologien verschiedene Phasen durchlaufen, bevor sie produktiv genutzt werden können.
Ein realistischer Umgang mit diesen Phasen hilft, Erwartungen zu managen und nachhaltige Lösungen zu entwickeln.

Aktuell befinden sich viele Unternehmen noch zwischen Phase 2 und 3. Die Erwartungen an KI-gestützte Tools sind sowohl positiv als auch negativ hoch. Gleichzeitig wird zunehmend erkannt, dass KI allein keine umfassende Lösung bietet. Während dies für einige enttäuschend sein mag, stellt es für HR-Mitarbeitende, deren Aufgabe es ist, menschliche Potenziale zu erkennen und zu fördern, eine Chance dar. Sie können das „Tal der Enttäuschungen“ überspringen und direkt den „Pfad der Erleuchtung“ beschreiten.
Ganz ohne die Unterstützung von zahlenorientierten Stakeholdern geht es aber nicht. Investor:innen und Entscheider:innen müssen bereit sein, nicht nur auf Zeit- und Kosteneinsparungen zu setzen, sondern auch gezielt in transformative Technologien sowie in Lern- und Entwicklungsprogramme für HR-Mitarbeitende zu investieren.
3. Kulturwandel von unten – mit Change-Influencer:innen
Neuerungen, die top-down verordnet werden, stoßen häufig auf Widerstand und tragen zur „Change Fatigue“ (Veränderungsmüdigkeit) bei. Nach disruptiven Veränderungen ist es wichtig, Zeit für eine evolutionäre Stabilisierung zu geben. Neues muss “sich (…) restabilisieren, seinen Überraschungswert verlieren (…), normalisieren”, wie es der Soziologe Armin Nassehi mit Blick auf gelingende gesellschaftliche Veränderungsprozesse formuliert hat.
Im Unternehmenskontext können sogenannte „Change-Influencer:innen“ helfen, Veränderungen zu fördern. Diese Mitarbeitenden mit starkem Peer-Netzwerk treiben Neuerungen voran. KI-gestützte Tools können dabei helfen, sie zu finden.
In dem Zusammenhang kann ich das ada Fellowship Programm wärmstens empfehlen
Auch kleine, leicht umsetzbare Technologien („Tech-Nuggets“) können den Wandel erleichtern und neue Arbeitsweisen etablieren. (Wir hätten da welche )
4. KI-Kompetenzen sind Pflicht – und Soft Skills nicht nur Kür
Ab 2025 verpflichtet der EU AI Act Unternehmen, sicherzustellen, dass Mitarbeitende, die KI-Systeme nutzen, über die notwendigen Kompetenzen verfügen. Je stärker Technologie Einzug z.B. in die Personalarbeit hält, desto stärker wird die HR-Abteilung von anderen Disziplinen im Unternehmen, wie Datenschutz, IT, Legal, Betriebsräte oder Einkauf abhängig. Gerade die ersten drei werden zukünftig noch stärker involviert sein, um Folgerisiken von KI abzuschätzen. Unternehmen sind daher gefordert, ihre Prozesse neu zu gestalten und sich zu überlegen, wie sie KI-Tools einführen, sodass diese dann auch wirklich businesskritische Aufgaben übernehmen können. Bestenfalls haben sie einen Anbieter, der sie dabei unterstützt und sicherstellt, dass die Systeme im Einklang mit der EU-Regelung genutzt werden.
Neben technischem Wissen bleibt es zudem essenziell, Soft Skills zu fördern. Je stärker Technologie unseren Alltag prägt, desto wichtiger wird die Reflexion über den eigenen Umgang damit. Welche Verhaltensweisen wollen wir beibehalten? Welche ablegen? Und, welche neuen etablieren?
5. Fachkräftemangel: Mitarbeitende stärken statt 4 Tage-Woche
Der Fachkräftemangel ist real. Allein im Handwerk fehlen aktuell 113.000 Fachkräfte. Dennoch sind Unternehmen keine reinen Wunscherfüller. Die 4-Tage-Woche ist meiner Einschätzung nach auch in 2025 für die meisten Unternehmen nicht umsetzbar. Stattdessen müssen sie sich mehr darauf konzentrieren, wie sie es mit den vorhandenen Arbeitskräften schaffen, wirklich etwas zu bewegen, ohne sie auszubrennen. Hier ist auch ein Blick in die Psychologie wichtig, insbesondere auf Eigenschaften wie Resilienz, Optimismus und Selbstwirksamkeit. Diese können mit KI gemessen werden.
Zudem brauchen wir ein gemeinsames Verständnis, dass Arbeit nicht immer Freude bedeutet, sondern auch Entwicklung und Überwindung von Herausforderungen. Konflikte sind dabei unvermeidbar. Entscheidend ist, wie diese ausgetragen werden – ob Menschen auch in schwierigen Phasen wertschätzend und konstruktiv miteinander umgehen. Es gibt weder „die perfekte Organisation“ noch „den perfekten Mitarbeitenden“. Die Anerkennung von Gegensätzlichkeit und Gleichzeitigkeit innerhalb von Organisationen und Individuen ist meinem Empfinden nach von zentraler Bedeutung.
Idealerweise berücksichtigen auch die eingesetzten Tools diese Komplexität. Statt Menschen vorschnell in Schubladen zu sortieren, sollten sie darauf abzielen, alle Facetten einer Persönlichkeit differenziert zu betrachten und daraus passende Rollen sowie Entwicklungsmöglichkeiten für Mitarbeitende abzuleiten.
Fazit
Es wird ein anspruchsvolles Jahr, aber ich bin dennoch optimistisch. Denn trotz des äußeren Drucks haben Unternehmen viele Themen in ihrem Einflussbereich, z. B. welche Menschen sie einstellen und befördern, wie sie zusammenarbeiten wollen, wie sie ihre Mitarbeiter:innen unterstützen und wie sie die knappe „Ressource“ Mensch richtig einsetzen können. Die Integration von KI-Technologie bietet dabei enorme Chancen, erfordert jedoch ein Umdenken und Lernen auf allen Ebenen – von der Entwicklung von Führungskräften über die Förderung von Soft Skills bis hin zur Gestaltung einer wertschätzenden, fördernden wie fordernden Unternehmenskultur. Entscheidend ist, dass Unternehmen jetzt nicht nur auf Effizienz setzen, sondern auf eine nachhaltige Entwicklung, auf Transformationskompetenz, sodass Menschen sich immer wieder an neue, herausfordernde Situationen anpassen und Technologie dabei sinnvoll nutzen können.

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